WiWiSET

WiWiSET – Validierung eines Studieneingangstests in der Fachdomäne Wirtschaftswissenschaften: eine national und international vergleichende Studie an Universitäten und Fachhochschulen

Pant, H. A., Zlatkin-Troitschanskaia, O., Schipolowski, S. und Förster, M.

Der internationale Forschungsstand der Kompetenzmessung im Hochschulsektor belegt, dass Kompetenzzuwachs und Studienerfolg stark von den Eingangsvoraussetzungen der Studieneinsteiger abhängen. Für verschiedene Studiendomänen zeigen empirische Befunde, dass die studienfachrelevanten Eingangskompetenzen (SEK) der beste Prädiktor für den am Ende des Studiums erreichten fachlichen Kompetenzzuwachs sind. Standardisierte fachspezifische Tests zur validen Erfassung von kognitiven Eingangsvoraussetzungen liegen bislang nur für wenige Studiendomänen vor (v.a. Medizin und Psychologie). Die Erfassung fachspezifischer SEK ist ganz besonders in Studiendomänen relevant, in denen sich aufgrund einer fehlenden Institutionalisierung als „Schulfach“ die Studierenden sehr stark voneinander unterscheiden, wie im Fach Wirtschaftswissenschaften (WiWi). Zwar liegen einige standardisierte Fachtests in der WiWi-Domäne vor, ob sich diese jedoch zur validen Erfassung von SEK eignen, ist bislang kaum erforscht.
Mit Blick auf erforderliche Interventionen (wie spezielle binnendifferenzierte Angebote, z.B. Vorkurse) zur bestmöglichen Förderung aller Studierenden sind valide Aussagen zu SEK i.S. einer Studieneingangsdiagnostik unabdingbar. Das Projekt WiWiSET widmet sich diesem Problemkomplex und knüpft dabei an die Ergebnisse einer umfangreichen Vorstudie (inkl. zweier Feldstudien) an. Mittels der nach dem TRAPD-Modell (Translation, Review, Adjudication, Pretesting and Documentation) übersetzten und nach den International Guidelines on Test Adaptation adaptierten deutschen Version des standardisierten Tests of Economic Literacy IV (TEL IV) des US-amerikanischen Council for Economic Education (CEE) sollen zur Eingangsdiagnostik im WiWi-Studium die ökonomiebezogenen Studieneingangskompetenzen (ÖSEK) objektiv, reliabel und valide erfasst sowie deren Zusammenhänge zu weiteren theoretisch bedeutsamen individuellen Merkmalen wie z.B. Vorbildung, Studienwahlmotivation und hochschulbezogenen Merkmalen wie z.B. Hochschultyp, Studiengang untersucht werden. Mittels verschiedener statistischer Modellierungen (u.a. Strukturgleichungs- (SEM) und Mehrebenenmodelle (MEM)) sollen die Effekte, die nach der Vorstudie auf die individuellen Voraussetzungen der Studierenden zurückgeführt werden können, sowie diejenigen, die auf Unterschieden zwischen Studiengängen (wie Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre) und Hochschulen (Universitäten vs. Fachhochschulen (FH)) beruhen, betrachtet werden. Dabei wird u.a. untersucht, ob der Test in der Lage ist, die ÖSEK messinvariant zu erfassen. In Ergänzung zu den in der Vorstudie bereits geleisteten Validierungsarbeiten (nach den internationalen Standards for Educational and Psychological Testing in AERA et al. 2014) werden im WiWiSETProjekt diskriminante, prognostische und inkrementelle Validierungsperspektiven verfolgt. So wird die empirische Abgrenzbarkeit der über den TEL-D ermittelten studienrelevanten ÖSEK von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten (erfasst über Intelligenzmaße und die Note der Hochschulzugangsberechtigung [HZB]) betrachtet (diskriminante Validierung) sowie fachbezogene Studienleistungen bzw. Studienerfolg im WiWi-Studium prognostiziert (prognostische Validierung). Dabei wird erwartet, dass der TEL-D selbst dann noch bedeutsame Varianzanteile der fachbezogenen Studienleistungen aufklärt, wenn die Erklärungsbeiträge der fachunspezifischen Prädiktoren wie Intelligenz und Note der HZB bereits ausgeschöpft sind (inkrementelle Validierung). Ein weiterer Aspekt der prognostischen Validierung liegt in der Prognose des Studienabbruchs; untersucht wird, inwieweit die Ergebnisse des TEL-D zu Beginn des Studiums in der Lage sind, den Abbruch des WiWi-Studiums innerhalb des besonders kritischen 1. Studienjahres vorherzusagen. Nur wenn der zusätzliche Einsatz des Tests es erlaubt, die Zuverlässigkeit der Studienerfolgsprognose insbesondere gegenüber der alleinigen Verwendung der HZB-Note zu erhöhen, ist er zur Eingangsdiagnostik im Studium und damit als mögliche Grundlage für Interventionen in der Hochschullehre geeignet. Als Grundgesamtheit der WiWiSET-Studie werden die Bachelor (BA)-Studienanfänger an deutschen Universitäten und FH in der Fachdomäne WiWi, der größten Studiendomäne in Deutschland, definiert. Als effizientes Auswahlverfahren ist eine wahrscheinlichkeitsbasierte, nach Hochschultyp (Universität/FH) stratifizierte Klumpenstichprobe vorgesehen. In den gezogenen Klumpen (Clustern) sollen dann alle Studienanfänger der WiWi-Fachdomäne getestet und befragt werden. Diese Art der Stichprobenziehung impliziert, dass die Daten eine geschachtelte Struktur aufweisen, da Studierende in Hochschulen geclustert sind. Diese Schachtelung ist bei den Datenanalysen zu berücksichtigen, um der Ähnlichkeit der Studierenden innerhalb einer Hochschule im Vergleich zu Studierenden anderer Hochschulen Rechnung zu tragen. Dieser Aspekt der mehrebenenanalytischen Herangehensweise definiert die Größe der benötigten Stichprobe - zum einen bezüglich der Anzahl der Klumpen (Level-2Einheiten) und zum anderen hinsichtlich der Anzahl der Studierenden (Level-1-Einheiten). Um möglichst unverzerrte und generalisierbare feste sowie zufällige Effekte schätzen zu können, bedarf es mindestens 30 Hochschulen. Hierzu liegt uns eine Liste des Statistischen Bundesamtes (Stand: 4/2015) mit allen in der Grundgesamtheit enthaltenen Hochschulen vor, aus der etwa 40 Hochschulen zufällig gezogen werden. Für jeden Standort werden zwei Replacement-Hochschulen bestimmt, die möglichst ähnliche Charakteristiken (wie Studiengänge, Fachbereichsgröße) aufweisen. Für die im Projekt WiWiSET zu prüfenden Forschungshypothesen sind zwei Erhebungswellen notwendig. In der ersten Erhebung, die vor Beginn des WS 2016 (September-Oktober 2016) stattfinden soll, werden alle Studienanfänger der zufällig ausgewählten Hochschulen im Rahmen der dort stattfindenden Informationsveranstaltungen zur Einführung in das WiWi-Studium getestet und befragt. In der zweiten Erhebungswelle zu Beginn des WS 2017 werden dann die gleichen Personen nach dem 1. Studienjahr ein zweites Mal befragt, um die Studienleistungen des Bachelor-Orientierungsstudiums am Ende des 2. bzw. zu Beginn des 3. Semesters zu erfassen und die prognostische Validität des TELD hinsichtlich der erbrachten Studienleistungen im 1. Studienjahr zu untersuchen.

Projektdaten und Kontakt

Projektleitung:
Prof. Dr. Hans Anand Pant (HU Berlin)
Dr. Stefan Schipolowski (IQB, HU Berlin)
Prof. Dr. Olga Zlatkin-Troitschanskaia (JGU Mainz)
JP Dr. Manuel Förster (JGU Mainz)
Kontakt:
Humboldt Universität zu Berlin Kultur-, Sozial-, und Bildungswissenschaftliche Fakultät Institut für Erziehungswissenschaften
Unter den Linden 6, D-10099 Berlin
Homepage:
https://www.wiwi-kompetenz.de/wiwiset-2016-2019/
Projektlaufzeit:
01.06.2016 – 31.05.2019